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„Was macht ein gutes Patienten-Arzt-Verhältnis aus? – Wie du dich als ADPKD-Betroffene/r optimal auf deine Nephrologen-Besuche vorbereitest“
Warum aus meiner Sicht das Arzt-Patient:innen Verhältnis bei ADPKD entscheidend ist
Die Diagnose ADPKD (autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung) brachte bei mir viele Fragen und Unsicherheiten hervor. Meine chronische Nierenerkrankung zieht vor allem einen langfristigen medizinischen Betreuungsbedarf mit sich. Insofern ist die Beziehung zum/r behandelnden Nephrolog:in daher nicht nur medizinisch, sondern auch menschlich für mich von enormer Bedeutung. Denn ein vertrauensvolles, respektvolles und kooperatives Verhältnis kann maßgeblich zur Lebensqualität und zum Krankheitsverlauf beitragen.
In diesem Artikel erfährst du von mir:
- Was ein gutes Arzt-Patienten:innen-Verhältnis ausmacht
- Wie du als ADPKD-Betroffene/r deine Arztbesuche sinnvoll vorbereitest
- Welche Fragen du im Gespräch stellen solltest
- Wie du Unsicherheiten abbauen und auf Augenhöhe kommunizieren kannst
Teil 1: Was zeichnet ein gutes Arzt-Patient:innen-Verhältnis aus?
Ein gutes Verhältnis zwischen dir und deiner Nephrologin/deinem Nephrologen basiert auf drei Säulen:
1. Vertrauen
Du musst das Gefühl haben, dass deine Beschwerden ernst genommen und deine Anliegen respektiert werden. Vertrauen entsteht nicht über Nacht, aber es wächst, wenn der Arzt/ die Ärztin transparent, einfühlsam und kompetent kommuniziert – und vor allem wenn du dich aktiv einbringst.
2. Kommunikation auf Augenhöhe
Ein/e gute/r Ärztin/Arzt erklärt aus meiner Sicht verständlich, hört aktiv zu und nimmt sich Zeit. Umgekehrt bedeutet das auch, dass du deine Fragen, Sorgen und Bedenken klar und sachlich formulierst. Niemand kennt deinen Körper so gut wie du selbst – und das sollte der Arzt/ die Ärztin als Ressource begreifen. Du bist die Expertin/der Experte für deine Erkrankung!
3. Gemeinsame Entscheidungsfindung („Shared Decision Making“)
Gerade bei chronischen Erkrankungen wie ADPKD ist es wichtig, Therapieentscheidungen gemeinsam zu treffen. Das bedeutet: Du bringst deine Werte, Prioritäten und Lebenssituation ein, während der Arzt/ die Ärztin medizinische Fakten liefert und Optionen abwägt. Ziel ist eine Entscheidung, die medizinisch sinnvoll und für dich tragbar ist. Du entscheidest mit und es wird eben nicht über dich entschieden!
Teil 2: Vorbereitung auf den Nephrolog:innen-Besuch – so wirst du zur Expertin/zum Experten in eigener Sache
Ein strukturierter Arzttermin spart Zeit, reduziert Stress und führt oft zu besseren Ergebnissen. Hier sind meine bewährten Tipps, die ich zur Vorbereitung auf meine Gespräche nutze:
1. Dokumentiere deine Beschwerden
Führe ein Symptom-Tagebuch. Notiere:
- Schmerzen (Ort, Dauer, Intensität, Häufigkeit)
- Müdigkeit oder Leistungseinbrüche
- Verdauungsprobleme (v. a. bei Zystenleber oder Medikamenten)
- Gewichtsveränderungen
- Veränderungen beim Wasserlassen
- Blutdruckwerte (ideal: regelmäßig zuhause gemessen)
- Auffälligkeiten im Menstruationszyklus (bei Frauen)
2. Halte Laborwerte und Bildgebungen griffbereit
Wenn du Laborberichte (z. B. eGFR, Kreatinin, Cystatin C, Elektrolyte), MRT-/CT-Bilder oder Befunde von anderen Ärzten/ Ärztinnen hast – nimm sie mit. Auch alte Befunde sind wichtig für den Verlauf.
3. Bereite gezielt Fragen vor
Oft hat man im Gespräch plötzlich ein Blackout. Passiert mir auch. Nimm dir deshalb vorher Zeit, konkrete Fragen zu formulieren (siehe Teil 3 unten).
4. Eigene Recherchen kritisch prüfen
Es ist gut, wenn du dich informierst – z. B. auf vertrauenswürdigen Seiten wie www.adpkdundketo.de 😉 (Scherz!). Aber: Sprich deine Recherchen mit dem Arzt/ der Ärztin durch. Frage konkret: „Ich habe über Ketose bei ADPKD gelesen – was halten Sie davon?“ So bleibst du offen im Dialog.
5. Nimm Unterstützung mit
Gerade bei wichtigen Terminen oder Erstgesprächen kann eine Begleitperson helfen, emotionalen Rückhalt zu geben und beim Verstehen zu unterstützen. Das hat mir auch schon geholfen.
Teil 3: Wichtige Fragen für ADPKD-Betroffene im Gespräch mit dem Nephrologen/der Nephrologin
Hier ist eine Checkliste möglicher Fragen, die du dir individuell anpassen kannst – je nach Krankheitsphase, Beschwerden und Behandlungsinteresse:
A) Fragen zum Krankheitsverlauf
- Wie schätzen Sie meinen aktuellen Krankheitsverlauf ein?
- Was sagen meine letzten Laborwerte über meine Nierenfunktion aus?
- Wie schnell schreitet mein Nierenvolumen/die Zystenbildung aktuell fort?
- Ab wann wird eine Therapie zur Verlangsamung notwendig?
B) Fragen zu Therapien
- Kommt für mich ein Medikament wie Tolvaptan infrage?
- Welche Alternativen gibt es bei großer Zystenleber oder Schmerzen?
- Welche Erfahrungen haben Sie mit ketogener Ernährung oder Fasten bei ADPKD?
- Können Sie mir eine Ernährungsberatung mit ADPKD-Erfahrung empfehlen?
C) Fragen zur Langzeitplanung
- Ab wann sollte ich mich auf eine mögliche Dialyse vorbereiten?
- Wie lange kann ich mit meiner aktuellen eGFR ohne Nierenersatztherapie leben?
- Wie sieht eine gute Nierentransplantationsvorbereitung aus?
- Gibt es ADPKD-Spezialambulanzen oder Studien, an denen ich teilnehmen könnte?
D) Fragen zum Lebensstil
- Welche Rolle spielt Salz, Eiweiß oder Wasserzufuhr in meinem Stadium?
- Wie wirken sich Sport, Stress oder Hormone auf meine Krankheit aus?
- Gibt es Medikamente oder Nahrungsergänzungen, die ich meiden sollte?
E) Persönliche Fragen
- Was würden Sie an meiner Stelle tun?
- Haben Sie Erfahrungen mit anderen Patient:innen in meinem Alter?
- Was raten Sie mir konkret für die nächsten sechs Monate?
Teil 4: Was tun, wenn das Arztgespräch nicht gut läuft?
Nicht jedes Gespräch verläuft harmonisch – und nicht jeder Arzt/ jede Ärztin ist kommunikationsstark. Wenn du dich nicht ernst genommen fühlst:
- Bleib sachlich, aber klar. Formuliere dein Unbehagen: „Ich habe das Gefühl, dass meine Sorgen gerade zu kurz kommen. Darf ich noch einmal zurück zu Thema XY?“
- Fasse zusammen, was du verstanden hast. Das schafft Klarheit: „Wenn ich Sie richtig verstehe, empfehlen Sie mir aktuell kein Tolvaptan?“
- Hole dir eine Zweitmeinung. Bei chronischen Erkrankungen ist das legitim und manchmal hilfreich.
Wichtig: Du bist keine „schwierige Patientin/schwieriger Patient“, nur weil du dich einbringst. Du bist informiert und engagiert. Das ist deine Stärke – kein Makel.
Teil 5: Fazit – Die beste Patientin ist keine stille Patientin – Der beste Patient ist kein stiller Patient!
Ein gutes Patient:innen-Arzt-Verhältnis entsteht durch gegenseitigen Respekt, aktives Zuhören und die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen. Als ADPKD-Betroffene/r hast du es in der Hand, dein Wissen zu erweitern, dich strukturiert vorzubereiten und deinen Behandlungsweg mitzugestalten.
Du musst nicht alles alleine wissen – aber du darfst (und sollst) mitreden. Nutze deine Stimme, stelle Fragen, reflektiere deinen Weg. Du bist die wichtigste Expertin / der wichtigste Experte für deinen Körper.
Hast du Fragen, die dir in Gesprächen geholfen haben? Oder Erlebnisse, die dich bestärkt oder verunsichert haben? Dann teile sie gern in den Kommentaren oder schreib mir direkt.
